Besiedelungsgeschichte

Rieden um 1912

Leben im Naturpark

Aus dem Reuttener Talbecken und dem Lechtal sind nur wenige prähistorische Funde bekannt. Man nimmt an, dass aus dem Allgäuer Raum Kelten in das Lechtal gekommen sind, um in den Lechauen auf Jagd zu gehen. Sie haben ihre Spuren hinterlassen. Beile, Pfeilspitzen und Dolche deuten darauf hin. Und auch der alte Name „Lic“ soll von dem Keltenstamm der Likatier stammen. Der „Steinreiche“ oder auch der „Schnellfließende“ soll die Übersetzung für „Lic“ sein. Beides würde zutreffen!

Um 15 v. Chr. kamen die Römer unter Kaiser Augustus. Sie bauten die Via Claudia Augusta. Aus „Lic“ wurde „Liccus“, was in der lateinischen Sprache die beiden gleichen Bedeutungen haben soll.

Ab ca. 500 n. Chr. gingen mehrere Siedlungswellen über das Gebiet um den Tiroler Lech hinweg. Man weiß, dass alemannische Stämme, Rätoromanen, Bajuwaren und Walliser in das Gebiet des heutigen Naturparks Tiroler Lech eingewandert sind.

Die Schwabenkinder sind ein trauriges Kapitel aus der Lechtaler Geschichte. Oft war nicht genügend zu Essen für die vielen Kinder in einer Familie da. Die Ältesten mussten, sobald der Schnee es zuließ, über die Berge ins benachbarte Allgäu nach Kempten oder Isny auf die Kindermärkte gehen, wo sie als billige Arbeitskräfte an reiche Allgäuer Bauern für eine Saison verdingt wurden. Kam der Winter wieder, kehrten sie zu ihren Familien nach Tirol heim.

Aus der Naturparkregion sind zu früheren Zeiten etliche Handwerker und Handelsleute in die Fremde gezogen, um dort ihr Glück zu machen. Dem Ruf als künstlerisch begabte Leute werden die Lechtaler noch heute gerecht. Die Arbeiten der Holzbildhauer und die schauspielerischen Leistungen der Geierwallybühne, der größten Freilichtbühne Tirols, sind über die Grenzen hinaus bekannt.
Holzgau um 1909

Lech und Leute

Mit dem Lech zu leben, ist nicht immer leicht. Der Tiroler Lech hat zwei Gesichter. Malerisch und verspielt mit türkis-blauem Wasser kann er wie ein Kunstwerk aussehen, das sich täglich neu erschafft. Doch nach Regenfällen und während der Schneeschmelze kann er sein Gesicht innerhalb weniger Stunden ändern. Dann ist er schmutzig-braun mit gewaltigen Wassermassen, die sich ihren Weg bahnen.

Die Menschen sprechen vom Lech im Talbereich noch immer als dem „größten Grundbesitzer“. Doch um am Lech leben zu können und Grund für die Weiden und Ortschaften zu gewinnen, haben sie zunächst in kleinem Maßstab, dann in größeren Ausmaß den Lech mit Mauern und Dämmen in ein kleineres Bett geleitet. Was gut gemeint war, hat sich als Fehler herausgestellt. Der Lech braucht Platz für seine Wassermassen. Hochwässer traten über die befestigten Ufer und richteten großen Schaden an. Mithilfe öffentlicher Gelder den Lech stellenweise zu renaturieren. Denn während der Hochwasser wurde klar, dass da, wo der Lech sein breites Flussbett behalten hatte, die Schäden geringer waren, als in den verbauten Uferstücken.

Auch heute wird der Tiroler Lech noch schrittweise von seinen Verbauungen befreit. Er gilt europaweit als Paradebeispiel einer gelungenen Flussrenaturierung.

„Wir leben im Naturpark Tiroler Lech!“

Ein Satz, der die Menschen, die mit dieser Natur- und Kulturlandschaft fest verwurzelt sind und welche sie mit viel Einsatz und Mühe erhalten, ständig begleitet.

Der Naturpark Tiroler Lech ist anders – er ist der einzige Naturpark Tirols im Talbereich. Viele Schutzgebiete in Tirol liegen im Gebirge weit entfernt von bewohnten Flächen. Der Lech mit seinen Seitenbächen bildet das größte zusammenhängende Schutzgebiet im Talbereich Tirols. Diese weitgehende Tallage stellt eine Besonderheit dar, denn der Wirtschafts- und Dauersiedlungsraum der Bevölkerung am Tiroler Lech grenzt direkt an die naturkundlichen bedeutsamen Flächen. Trotzdem ist der Anteil an landwirtschaftlich genutzten Flächen im Naturpark Tiroler Lech nicht groß. Nur 6,2 % der geschützten Flächen werden bewirtschaftet. Es handelt sich um landwirtschaftliche Intensiv- und Extensivflächen sowie beweidete Augebiet (Waldweide). Im mittleren und unteren Bereich des Tiroler Lechtals befindet sich ein hoher Anteil an landwirtschaftlich genutzten Flächen. Vor allem in den Gemeinden Weißenbach am Lech, Musau und Vils sind bewirtschaftete Gebiete unter Schutz gestellt.